Anders im Sommer. Dann gibt es vermehrt starke Regenfälle. Das Wasser kann durch die kleine Drosselöffnung nicht zur Gänze in den Kanal fließen. Der erste Wasserschwall mit Reifenabrieb und anderen Verunreinigungen endet nach wie vor im Kanal. Das nachfließende, weitgehend saubere Regenwasser staut sich zurück und läuft wieder aus dem Schacht raus. Hier kommt die Sickermulde ins Spiel. Die liegt etwas unter dem Straßenniveau. Eine rund 30 Zentimeter dicke Humusschicht hält noch im Wasser verbliebene Verunreinigungen zurück. Das Wasser versickert in der Mulde und gelangt sauber ins Grundwasser. Ein Teil verdunstet auch. Jedenfalls bleibt das Wasser so im natürlichen Kreislauf.
Das erreicht mehrere Ziele. Der Dampf, der beim Verdunsten entsteht, kühlt die Umgebung. Das vermindert die Überhitzung im Stadtgebiet. Die Kanäle sind entlastet und das System gewährt einen effektiven Hochwasserschutz. Und weil Wiens Pflanzen nur sauberes Wasser erhalten, können in diesen Mulden sogar Bäume wachsen.
Die Anlage wird im Sommer als Pilotprojekt in der Edith-Piaf-Straße in Aspern getestet. "Wenn das zufriedenstellend ist, ist geplant, das System zunächst in der Seestadt, aber auch in anderen Stadterweiterungsgebieten anzuwenden", sagt Engleder. Ein angenehmer Nebeneffekt ist, dass man die Anlage kaum warten muss. "Das ist uns sehr wichtig. Zwei Mal jährlich reinigen wir ohnehin gründlich, da verursacht die Drosselklappe nur einen geringen Mehraufwand."
Das System braucht nicht viel. Am wichtigsten ist Platz. Wie viel genau nötig ist, wird errechnet. Die Kalkulation basiert auf der zu entwässernden Straßenfläche, den Niederschlagsdaten und der Durchlässigkeit des Bodens. In Aspern hat man einen sechs Meter breiten Streifen zur Verfügung. In der Regel werden nur 2,5 bis drei Meter zur Verfügung stehen. Ein Einsatz innerhalb des Gürtels ist platztechnisch dennoch nicht realistisch. In Neubaugebieten und am Stadtrand ist das "Wiener Modell" aber niederschwellig umsetzbar.
"An Lösungen arbeiten wir ständig. Mit diesem System gelang es uns, Antworten auf mehrere Fragen zu finden. Damit haben wir gezeigt, wie hoch die Innovationskraft in Wien ist", sagt Engleder. Das "Wiener Modell" ist schon jetzt ein preisgekröntes Projekt. Letztes Jahr triumphierte es beim Wiener Ingenieurspreis.